1Luftig, wie ein leichter Kahn,
2Auf des Hügels grüner Welle,
3Schwebt sie lächelnd himmelan,
4Dort die friedliche Kapelle.
5Einst bei Sonnenuntergang
6Schritt ich durch die öden Räume,
7Priesterwort und Festgesang
8Säuselten um mich wie Träume.
9Und Maria's schönes Bild
10Schien vom Altar sich zu senken,
11Schien in Trauer, heilig mild,
12Alter Tage zu gedenken.
13Röthlich kommt der Morgenschein,
14Und es kehrt der Abendschimmer
15Treulich bei dem Bilde ein;
16Doch die Menschen kommen nimmer.
17Leise werd' ich hier umweht
18Von geheimen, frohen Schauern,
19Gleich als hätt' ein fromm Gebet
20Sich verspätet in den Mauern.
21Scheidend grüßet hell und klar
22Noch die Sonn' in die Kapelle,
23Und der Gräber stille Schaar
24Liegt so traulich vor der Schwelle.
25Freundlich schmiegt des Herbstes Ruh
26Sich an die verlassnen Grüfte;
27Dort, dem fernen Süden zu,
28Wandern Vögel durch die Lüfte.
29Alles schlummert, Alles schweigt,
30Mancher Hügel ist versunken,
31Und die Kreuze stehn geneigt
32Auf den Gräbern — schlafestrunken.
33Und der Baum im Abendwind
34Läßt sein Laub zu Boden wallen,
35Wie ein schlafergriffnes Kind
36Läßt sein buntes Spielzeug fallen. —
37Hier ist all' mein Erdenleid
38Wie ein trüber Duft zerflossen;
39Süße Todesmüdigkeit
40Hält die Seele hier umschlossen.