1Wen du nicht verlässest, Genius,
2Nicht der Regen, nicht der Sturm
3Haucht ihm Schauer übers Herz.
4Wen du nicht verlässest, Genius,
5Wird dem Regengewölk,
6Wird dem Schloßensturm
7Entgegensingen,
8Wie die Lerche,
9Du da droben.
10Den du nicht verlässest, Genius,
11Wirst ihn heben übern Schlammpfad
12Mit den Feuerflügeln;
13Wandeln wird er
14Wie mit Blumenfüßen
15Über Deukalions Flutschlamm,
16Python tötend, leicht, groß,
17Pythius Apollo.
18Den du nicht verlässest, Genius,
19Wirst die wollnen Flügel unterspreiten,
20Wenn er auf dem Felsen schläft,
21Wirst mit Hüterfittichen ihn decken
22In des Haines Mitternacht.
23Wen du nicht verlässest, Genius,
24Wirst im Schneegestöber
25Wärmumhüllen;
26Nach der Wärme ziehn sich Musen,
27Nach der Wärme Charitinnen.
28Umschwebet mich, ihr Musen,
29Ihr Charitinnen!
30Das ist Wasser, das ist Erde
31Und der Sohn des Wassers und der Erde,
32Über den ich wandle
33Göttergleich.
34Ihr seid rein wie das Herz der Wasser,
35Ihr seid rein wie das Mark der Erde,
36Ihr umschwebt mich, und ich schwebe
37Über Wasser, über Erde,
38Göttergleich.
39Soll der zurückkehren,
40Der kleine, schwarze, feurige Bauer?
41Soll der zurückkehren, erwartend
42Nur deine Gaben, Vater Bromius,
43Und helleuchtend, umwärmend Feuer?
44Der kehren mutig?
45Und ich, den ihr begleitet,
46Musen und Charitinnen alle,
47Den alles erwartet, was ihr,
48Musen und Charitinnen,
49Umkränzende Seligkeit
50Rings ums Leben verherrlicht habt,
51Soll mutlos kehren?
52Vater Bromius!
53Du bist Genius,
54Jahrhunderts Genius,
55Bist, was innre Glut
56Pindarn war,
57Was der Welt
58Phöbus Apoll ist.
59Weh! Weh! Innre Wärme,
60Seelenwärme,
61Mittelpunkt!
62Glüh entgegen
63Phöb' Apollen;
64Kalt wird sonst
65Sein Fürstenblick
66Über dich vorübergleiten,
67Neidgetroffen
68Auf der Zeder Kraft verweilen,
69Die zu grünen
70Sein nicht harrt.
71Warum nennt mein Lied dich zuletzt?
72Dich, von dem es begann,
73Dich, in dem es endet,
74Dich, aus dem es quillt,
75Jupiter Pluvius!
76Dich, dich strömt mein Lied,
77Und kastalischer Quell
78Rinnt ein Nebenbach,
79Rinnet Müßigen,
80Sterblich Glücklichen
81Abseits von dir,
82Der du mich fassend deckst,
83Jupiter Pluvius!
84Nicht am Ulmenbaum
85Hast du ihn besucht,
86Mit dem Taubenpaar
87In dem zärtlichen Arm,
88Mit der freundlichen Ros umkränzt,
89Tändelnden ihn, blumenglücklichen
90Anakreon,
91Sturmatmende Gottheit!
92Nicht im Pappelwald
93An des Sybaris Strand,
94An des Gebirgs
95Sonnebeglänzter Stirn nicht
96Faßtest du ihn,
97Den blumensingenden, Honiglallenden,
98Freundlich winkenden
99Theokrit.
100Wenn die Räder rasselten
101Rad an Rad rasch ums Ziel weg,
102Hoch flog
103Siegdurchglühter
104Jünglinge Peitschenknall
105Und sich Staub wälzt'
106Wie vom Gebirg herab
107Kieselwetter ins Tal,
108Glühte deine Seel Gefahren, Pindar,
109Mut. – Glühte? –
110Armes Herz!
111Dort auf dem Hügel,
112Himmlische Macht!
113Nur so viel Glut,
114Dort meine Hütte,
115Dorthin zu waten!