Kurt Tucholsky: Ideal und Wirklichkeit (1912)

1In stiller Nacht und monogamen Betten
2denkst du dir aus, was dir am Leben fehlt.
3Die Nerven knistern. Wenn wir das doch hätten,
4was uns, weil es nicht da ist, leise quält.
5Du präparierst dir im Gedankengange das,
6was du willst – und nachher kriegst dus nie . . .
7Man möchte immer eine große Lange,
8und dann bekommt man eine kleine Dicke –
9C'est la vie –!

10Sie muß sich wie in einem Kugellager
11in ihren Hüften biegen, groß und blond.
12Ein Pfund zu wenig – und sie wäre mager,
13wer je in diesen Haaren sich gesonnt . . .
14Nachher erliegst du dem verfluchten Hange,
15der Eile und der Phantasie.
16Man möchte immer eine große Lange,
17und dann bekommt man eine kleine Dicke –
18Ssälawih –!

19Man möchte eine helle Pfeife kaufen
20und kauft die dunkle – andere sind nicht da.
21Man möchte jeden Morgen dauerlaufen
22und tut es nicht. Beinah . . . beinah . . .
23Wir dachten unter kaiserlichem Zwange
24an eine Republik . . . und nun ists die!
25Man möchte immer eine große Lange,
26und dann bekommt man eine kleine Dicke –
27Ssälawih –!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Kurt Tucholsky (1890-1935)

* 01/09/1890 in Berlin, † 12/21/1935 in Göteborg

männlich, geb. Tucholsky

Suizid - Überdosis

deutscher Journalist und Schriftsteller

(Aus: Wikidata.org)

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