Ferdinand Freiligrath: Trotz alledem! (1843)

1Das war 'ne heiße Märzenzeit,
2Trotz Regen, Schnee und alledem!
3Nun aber, da es Blüten schneit,
4Nun ist es kalt, trotz alledem!
5Trotz alledem und alledem –
6Trotz Wien, Berlin und alledem –
7Ein schnöder scharfer Winterwind
8Durchfröstelt uns trotz alledem!

9Das ist der Wind der Reaktion
10Mit Meltau, Reif und alledem!
11Das ist die Bourgeoisie am Thron –
12Der annoch steht, trotz alledem!
13Trotz alledem und alledem –
14Trotz Blutschuld, Trug und alledem –
15Er steht noch, und er hudelt uns
16Wie früher fast, trotz alledem!

17Die Waffen, die der Sieg uns gab,
18Der Sieg des Rechts trotz alledem,
19Die nimmt man sacht uns wieder ab,
20Samt Kraut und Lot und alledem,
21Trotz alledem und alledem,
22Trotz Parlament und alledem –
23Wir werden unsre Büchsen los,
24Soldatenwild trotz alledem!

25Doch sind wir frisch und wohlgemut
26Und zagen nicht trotz alledem!
27In tiefer Brust des Zornes Glut,
28Die hält uns warm trotz alledem!
29Trotz alledem und alledem,
30Es gilt uns gleich trotz alledem!
31Wir schütteln uns: Ein garst'ger Wind,
32Doch weiter nichts trotz alledem!

33Denn ob der Reichstag sich blamiert
34Professorhaft, trotz alledem!
35Und ob der Teufel regiert
36Mit Huf und Horn und alledem –
37Trotz alledem und alledem,
38Trotz Dummheit, List und alledem,
39Wir wissen doch: die Menschlichkeit
40Behält den Sieg trotz alledem!

41So füllt denn nur der Mörser Schlund
42Mit Eisen, Blei und alledem:
43Wir halten aus auf unserm Grund,
44Wir wanken nicht trotz alledem!
45Trotz alledem und alledem!
46Und macht ihr's gar, trotz alledem,
47Wie zu Neapel jener Schuft:
48Das hilft erst recht, trotz alledem!

49Nur, was zerfällt, vertretet ihr!
50Seid Kasten nur, trotz alledem!
51Wir sind das Volk, die Menschheit wir,
52Sind ewig drum, trotz alledem!
53Trotz alledem und alledem:
54So kommt denn an, trotz alledem!
55Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns nicht –
56Unser die Welt trotz alledem!

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Ferdinand Freiligrath (1810-1876)

* 06/17/1810 in Detmold, † 03/18/1876 in Bad Cannstatt

männlich

natürliche Todesursache - Herzinfarkt

deutscher Lyriker, Dichter und Übersetzer

(Aus: Wikidata.org)

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