1Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
2Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
3Und kam die goldene Herbsteszeit
4Und die Birnen leuchteten weit und breit,
5Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
6Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
7Und kam in Pantinen ein Junge daher,
8So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
9Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
10Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«
11So ging es viel Jahre, bis lobesam
12Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
13Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
14Wieder lachten die Birnen weit und breit,
15Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
16Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
17Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
18Trugen von Ribbeck sie hinaus,
19Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
20Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
21Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
22»he is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«
23So klagten die Kinder. Das war nicht recht,
24Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht,
25Der
26Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
27Aber der
28Und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,
29Der wußte genau, was damals er tat,
30Als um eine Birn' ins Grab er bat,
31Und im dritten Jahr, aus dem stillen Haus
32Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.
33Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
34Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
35Und in der goldenen Herbsteszeit
36Leuchtet's wieder weit und breit.
37Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
38So flüstert's im Baume: »Wist 'ne Beer?«
39Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,
40Kumm man röwer, ich gew di 'ne Birn. «
41So spendet Segen noch immer die Hand
42Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.