Theodor Fontane: Die Brück' am Tay (1858)

1»wann treffen wir drei wieder zusamm?«
2»um die siebente Stund', am Brückendamm.«
3»am Mittelpfeiler.«

4»ich lösche die Flamm.«
5»ich mit.«

6»ich komme vom Norden her.«
7»und ich vom Süden.«
8»und ich vom Meer.«

9»hei, das gibt einen Ringelreihn,
10Und die Brücke muß in den Grund hinein.«

11»und der Zug, der in die Brücke tritt
12Um die siebente Stund'?«
13»ei, der muß mit.«
14»muß mit.«

15»tand, Tand
16Ist das Gebilde von Menschenhand!«

17Auf der
18Alle Fenster sehen nach Süden aus,
19Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh
20Und in Bangen sehen nach Süden zu,
21Sehen und warten, ob nicht ein Licht
22Übers Wasser hin »Ich komme« spricht,
23»ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,

24Und der Brückner jetzt: »Ich seh' einen Schein
25Am anderen Ufer. Das muß er sein.
26Nun, Mutter, weg mit dem bangen Traum,
27Unser Johnie kommt und will seinen Baum,
28Und was noch am Baume von Lichtern ist,
29Zünd' alles an wie zum heiligen Christ,
30Der will heuer
31Und in elf Minuten ist er herein.«

32Und es war der Zug. Am
33Keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm,
34Und Johnie spricht: »Die Brücke noch!
35Aber was tut es, wir zwingen es doch.
36Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,
37Die bleiben Sieger in solchem Kampf.
38Und wie's auch rast und ringt und rennt,
39Wir kriegen es unter, das Element.

40Und unser Stolz ist unsre Brück';
41Ich lache, denk' ich an früher zurück,
42An all den Jammer und all die Not
43Mit dem elend alten Schifferboot;
44Wie manche liebe Christfestnacht
45Hab' ich im Fährhaus zugebracht
46Und sah unsrer Fenster lichten Schein
47Und zählte und konnte nicht drüben sein.«

48Auf der Norderseite, das Brückenhaus –
49Alle Fenster sehen nach Süden aus,
50Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh
51Und in Bangen sehen nach Süden zu;
52Denn wütender wurde der Winde Spiel,
53Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel',
54Erglüht es in niederschießender Pracht
55Überm Wasser unten ... Und wieder ist Nacht.

56»wann treffen wir drei wieder zusamm?«
57»um Mitternacht, am Bergeskamm.«
58»auf dem hohen Moor, am Erlenstamm.«

59»ich komme.«
60» Ich mit.«
61»ich nenn' euch die Zahl.«
62»und ich die Namen.«
63»und ich die Qual.«
64»hei!
65Wie Splitter brach das Gebälk entzwei.«

66»tand, Tand
67Ist das Gebilde von Menschenhand.«

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:

    Rezitation von
    Fritz Stavenhagen

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Author

Theodor Fontane (1819-1898)

* 12/30/1819 in Neuruppin, † 09/20/1898 in Berlin

männlich, geb. Fontane

deutscher Schriftsteller

(Aus: Wikidata.org)

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