1Am Abend trugen sie den Fremden in die Totenkammer;
2Ein Duft von Teer; das leise Rauschen roter Platanen;
3Der dunkle Flug der Dohlen; am Platz zog eine Wache auf.
4Die Sonne ist in schwarze Linnen gesunken; immer wieder kehrt dieser vergangene Abend.
5Im Nebenzimmer spielt die Schwester eine Sonate von Schubert.
6Sehr leise sinkt ihr Lächeln in den verfallenen Brunnen,
7Der bläulich in der Dämmerung rauscht. O, wie alt ist unser Geschlecht.
8Jemand flüstert drunten im Garten; jemand hat diesen schwarzen Himmel verlassen.
9Auf der Kommode duften Äpfel. Großmutter zündet goldene Kerzen an.
10O, wie mild ist der Herbst. Leise klingen unsere Schritte im alten Park
11Unter hohen Bäumen. O, wie ernst ist das hyazinthene Antlitz der Dämmerung.
12Der blaue Quell zu deinen Füßen, geheimnisvoll die rote Stille deines Munds,
13Umdüstert vom Schlummer des Laubs, dem dunklen Gold verfallener Sonnenblumen.
14Deine Lider sind schwer von Mohn und träumen leise auf meiner Stirne.
15Sanfte Glocken durchzittern die Brust. Eine blaue Wolke
16Ist dein Antlitz auf mich gesunken in der Dämmerung.
17Ein Lied zur Guitarre, das in einer fremden Schenke erklingt,
18Die wilden Hollunderbüsche dort, ein lang vergangener Novembertag,
19Vertraute Schritte auf der dämmernden Stiege, der Anblick gebräunter Balken,
20Ein offenes Fenster, an dem ein süßes Hoffen zurückblieb –
21Unsäglich ist das alles, o Gott, daß man erschüttert ins Knie bricht.
22O, wie dunkel ist diese Nacht. Eine purpurne Flamme
23Erlosch an meinem Mund. In der Stille
24Erstirbt der bangen Seele einsames Saitenspiel.
25Laß, wenn trunken von Wein das Haupt in die Gosse sinkt.