Heinrich Heine: Traum und Leben (1817)

1Es glühte der Tag, es glühte mein Herz,
2Still trug ich mit mir herum den Schmerz.
3Und als die Nacht kam, schlich ich fort
4Zur blühenden Rose am stillen Ort.

5Ich nahte mich leise und stumm wie das Grab;
6Nur Tränen rollten die Wangen hinab;
7Ich schaut in den Kelch der Rose hinein –
8Da glomm's hervor, wie ein glühender Schein. –

9Und freudig entschlief ich beim Rosenbaum;
10Da trieb sein Spiel ein neckender Traum:
11Ich sah ein rosiges Mädchenbild,
12Den Busen ein rosiges Mieder umhüllt.

13Sie gab mir was Hübsches, recht goldig und weich;
14Ich trug's in ein goldenes Häuschen sogleich.
15Im Häuschen, da geht es gar wunderlich bunt,
16Da dreht sich ein Völkchen in zierlicher Rund'.

17Da tanzen zwölf Tänzer, ohn' Ruh' und Rast,
18Sie haben sich fest bei den Händen gefaßt;
19Und wenn ein Tanz zu enden begann,
20So fängt ein andrer von vorne an.

21Und es summt mir ins Ohr die Tanzmusik:
22»die schönste der Stunden kehrt nimmer zurück,
23Dein ganzes Leben war nur ein Traum,
24Und diese Stunde ein Traum im Traum.« –

25Der Traum war aus, der Morgen graut,
26Mein Auge schnell nach der Rose schaut –
27O weh! statt des glühenden Fünkleins steckt
28Im Kelche der Rose ein kaltes Insekt.

(Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Heinrich Heine (1797-1856)

* 12/13/1797 in Düsseldorf, † 02/17/1856 in Paris

männlich, geb. Heine

- Bleivergiftung

deutscher Dichter und Publizist

(Aus: Wikidata.org)

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