1Erzittre Welt, ich bin die Pest,
2Ich komm' in alle Lande
3Und richte mir ein großes Fest,
4Mein Blick ist Fieber, feuerfest
5Und schwarz ist mein Gewande.
6Ich komme von Ägyptenland
7In roten Nebelschleiern,
8Am Nilusstrand im gelben Sand
9Entsog ich Gift dem Wüstenbrand
10Und Gift aus Dracheneiern.
11Tal ein und aus, bergauf und ab,
12Ich mäh' zur öden Heide
13Die Welt mit meinem Wanderstab,
14Ich setz' vor jedes Haus ein Grab
15Und eine Trauerweide.
16Ich bin der große Völkertod,
17Ich bin das große Sterben.
18Es geht vor mir die Wassernot,
19Ich bringe mit das teure Brot,
20Den Krieg tu' ich beerben.
21Es hilft euch nichts, wie weit ihr floh't,
22Ich bin ein schneller Schreiter,
23Ich bin der schnelle schwarze Tod,
24Ich überhol' das schnellste Boot
25Und auch den schnellsten Reiter.
26Dem Kaufmann trägt man mich ins Haus
27Zugleich mit seiner Ware;
28Er freut sich hoch, er lacht beim Schmaus,
29Ich steig' aus seinem Schatz heraus
30Und streck' ihn auf die Bahre.
31Mir ist auf hohem Felsvorsprung
32Kein Schloß zu hoch, ich komme;
33Mir ist kein junges Blut zu jung,
34Kein Leib ist mir gesund genung,
35Mir ist kein Herz zu fromme.
36Wem ich nur schau' ins Aug' hinein,
37Der mag kein Licht mehr sehen;
38Wem ich gesegnet Brot und Wein,
39Den hungert nur nach Staub allein,
40Den durstet's, heimzugehen.
41Im Osten starb der große Chan,
42Auf Indiens Zimmetinseln
43Starb Negerfürst und Muselmann,
44Man hört auch Nachts in Ispahan
45Beim Aas die Hunde winseln.
46Byzanz war eine schöne Stadt,
47Und blühend lag Venedig;
48Nun liegt das Volk wie welkes Blatt,
49Und wer das Laub zu sammeln hat,
50Wird auch der Mühe ledig.
51An Nordlands letztem Felsenriff
52In einen kleinen Hafen
53Warf ich ein ausgestorbnes Schiff,
54Und alles, was mein Hauch ergriff,
55Das mußte schlafen, schlafen.
56Sie liegen in der Stadt umher:
57Ob Tag' und Monde schwinden,
58Es zählt kein Mensch die Stunden mehr –
59Nach Jahren wird man öd' und leer
60Die Stadt der Toten finden.