1Gestern, Brüder, könnt ihrs glauben?
2Gestern bei dem Saft der Trauben,
3(bildet euch mein Schrecken ein!)
4Kam der Tod zu mir herein.
5Drohend schwang er seine Hippe,
6Drohend sprach das Furchtgerippe:
7Fort, du teurer Bacchusknecht!
8Fort, du hast genug gezecht!
9Lieber Tod, sprach ich mit Tränen,
10Solltest du nach mir dich sehnen?
11Sieh, da stehet Wein für dich!
12Lieber Tod verschone mich!
13Lächelnd greift er nach dem Glase;
14Lächelnd macht ers auf der Base,
15Auf der Pest, Gesundheit leer;
16Lächelnd setzt ers wieder her.
17Fröhlich glaub' ich mich befreiet,
18Als er schnell sein Drohn erneuet.
19Narre, für dein Gläschen Wein
20Denkst du, spricht er, los zu sein?
21Tod, bat ich, ich möcht' auf Erden
22Gern ein Mediziner werden.
23Laß mich: ich verspreche dir
24Meine Kranken halb dafür.
25Gut, wenn das ist, magst du leben:
26Ruft er. Nur sei mir ergeben.
27Lebe, bis du satt geküßt,
28Und des Trinkens müde bist.
29O! wie schön klingt dies den Ohren!
30Tod, du hast mich neu geboren.
31Dieses Glas voll Rebensaft,
32Tod, auf gute Brüderschaft!
33Ewig muß ich also leben,
34Ewig! denn, beim Gott der Reben!
35Ewig soll mich Lieb' und Wein,
36Ewig Wein und Lieb' erfreun!