1Brennend brannte Sonne
2Auf die Weinbergmauern,
3Selbst die Steine konnten
4Einem schwitzend dauern.
5In dem juliblauen
6Himmel standen Wolken
7Weißgedeckt zu schauen,
8Weißgedeckt wie Tische,
9Die auf Gäste warten.
10Dauthendey, der Dichter,
11Sah's von seinem Garten.
12Nahm vom Stall den Schimmel,
13Den er täglich reitet,
14Sprengte in den Himmel.
15Sah der Erde Väter
16An den Tischen schmausen;
17Aßen, tranken, lachten
18Ohne lange Pausen.
19Biblische Gesichter
20Grüßten ihn gar höflich,
21Ihn, der Liebe Dichter.
22Venusine selber,
23Frei von Kleid und Schleppe,
24Rannte ihm entgegen
25An der blauen Treppe.
26Fiel ihm in die Arme,
27Lacht mit vollen Backen
28Frei von Trän' und Harme.
29ȟber Deinem Garten
30Deckten wir die Tische.
31Alle Speisen warten,
32Suppe, Omelett', Fische,
33Kaviar und Kapaunen.
34Und die Musikanten
35Rufen mit Posaunen.
36Siehst Du Adam, Moses,
37Abraham und Aron?
38Siehst Du Homer, Dante,
39Goethe und auch Charon?
40Heut ist ›Jüngst's Gerichte‹.
41Deshalb kommt man nämlich, –
42Flott wird die Geschichte.
43Seit der Teufel neulich
44Schnell aus Lieb gestorben,
45Hat er samt der Hölle
46S' Himmelreich erworben.
47Himmlisches Gelichter,
48Platz«, ruft Venusine,
49»platz für meinen Dichter!«
50Dauthendey muß sitzen
51Ihr zur rechten Seite,
52Er, der schon sein Lebtag
53Um die Venus freite.
54Teufel sitzt zur Linken.
55Venus, Teufel, Dichter
56Dutzen sich und trinken.
57Venusine drückte
58Unterm Tisch die Zehen
59Beiden von den Gästen –
60Liebe mußt' entstehen.
61Lange konnt's nicht dauern,
62Ward die Luft zu enge
63Selbst in Himmelsmauern.
64Teufel eifersüchtig
65Ließ sich gar nichts merken.
66Dauthendey, erstickend,
67Mußt' am Wein sich stärken.
68Die vom Testamente,
69Von dem alt und neuen,
70Sagten: »Prost Entente!«
71Venusin verlegen
72Küßte ihren Dichter.
73Teufel lachte vorne,
74Hinten schnitt er G'sichter.
75»bin ich nicht gestorben
76Jüngst erst Dir zu Liebe
77Und jetzt unverdorben?«
78Also fragte leise
79Teufel Venusine.
80Diese aber teuflisch
81Lacht mit Himmelsmiene:
82»unter uns gesprochen
83Hast Du einst nach Schwefel
84Besser mir gerochen.
85Teufel, warst mir lieber,
86Wie Du noch am Leben
87Wilder als ein Wilder,
88Die nicht Gnade geben.
89Heute hier im Himmel
90Lieb ich mehr den Dichter,
91Mehr selbst seinen Schimmel.«
92Zornig ward der Teufel
93Über alle Maßen.
94Wollte gerne wettern,
95Aber selbst das Hassen,
96Das ihm gut gestanden
97Unten in der Hölle,
98Kam ihm jetzt abhanden.
99Gütig war der Böse
100Gar nicht zu erkennen;
101Ängstlich von der Tafel
102Tat er weiterrennen,
103Ängstlich aus dem Saale
104Fort von allen Guten,
105Fort vom Liebesmahle.
106An der blauen Treppe
107Stand des Dichters Schimmel.
108Diesen stiehlt der Teufel,
109Reitet aus dem Himmel.
110Seine Wege münden
111Wieder auf die Erde,
112Will dort Höllen gründen.
113Und dort wird er Zensor,
114Der den Dichter bindet,
115Kritikus daneben,
116Der die Haut ihm schindet.
117Bis er davon müde,
118In dem Reichstag sitzet
119Und plaidiert fürs Prüde.
120Aber alle Leiden,
121Die der Teufel dichtet,
122Nicht dem Menschen schaden,
123Der zur Venus flüchtet.
124Venus wird erlösen
125Alle ihre Dichter
126Von den Prüden, Bösen.
127Venus hat den Vorsitz
128An den Himmelstischen,
129Tut auch ihrem Liebling
130Selbst den Mund abwischen.
131Gar nichts muß er müssen,
132Läßt den Teufel fluchen,
133Darf die Venus küssen.
134Kommt man in den Himmel,
135Fragt Dich ins Gesichte
136Venusin, als Richter
137Von dem Weltgerichte:
138»tat Dein Blut auch lieben
139Echt und ohne Logik?
140Dann wird dageblieben.
141Hast Du's nicht gelernet,
142Dann nochmals auf Erden
143Mußt zum echten lieben
144Du geboren werden.
145Dann zurück zur Erde,
146Lerne Feuer fangen,
147Wie die Dichterpferde!
148Feurig ohn' Gedanke
149Nimm Unmöglichkeiten!
150Herzen sattelfester
151Als Gehirne reiten.
152Nicht mit Kritik-Miene
153Schau aufs Ideale,
154Sonst flieht Venusine.«
155Lebt jetzt wohl ihr Menschen,
156Die ihr dies gelesen!
157Ist euch manches fettig
158Und zu fett gewesen,
159Schleckt euch eure Hände.
160Von dem Venusreime
161Ist jetzt dies das Ende.