Theodor Körner: Bundeslied vor der Schlacht (1814)

1Bricht der große Morgen an,
2Und die Sonne kalt und blutig,
3Leuchtet unsrer blut'gen Bahn.
4In der nächsten Stunden Schooße,
5Liegt das Schicksal einer Welt,
6Und es zittern schon die Loose,
7Und der ehr'ne Würfel fällt.
8Brüder! euch mahne die dämmernde Stunde,
9Mahne euch ernst zu dem heiligsten Bunde,
10Treu, so zum Tod, als zum Leben, gesellt.

11Hinter uns, im Graun der Nächte,
12Liegt die Schande, liegt die Schmach,
13Liegt der Frevel fremder Knechte,
14Der die deutsche Eiche brach.
15Unsre Sprache ward geschändet,
16Unsre Tempel stürzten ein,
17Unsre Ehre ist verpfändet,
18Deutsche Brüder lößt sie ein!
19Brüder, die Rache flammt! reicht euch die Hände,
20Daß sich der Fluch der Himmlischen wende!
21Lößt das verlohrne Palladium ein!

22Vor uns liegt ein glücklich Hoffen,
23Liegt der Zukunft goldne Zeit,
24Steht ein ganzer Himmel offen,
25Blüht der Freiheit Seligkeit.
26Deutsche Kunst und deutsche Lieder,
27Frauenhuld und Liebesglück,
28Alles Große kommt uns wieder,
29Alles Schöne kehrt zurück.
30Aber noch gilt es ein gräßliches Wagen,
31Leben und Blut in die Schanze zu schlagen;
32Nur in dem Opfertod reift uns das Glück.

33Nun, mit Gott! wir wollens wagen,
34Fest vereint dem Schicksal stehn,
35Unser Herz zum Altar tragen,
36Und dem Tod entgegen gehn.
37Vaterland! dir woll'n wir sterben,
38Wie dein großes Wort gebeut!
39Unsre Lieben mögen's erben,
40Was wir mit dem Blut befreit.
41Wachse, du Freiheit der deutschen Eichen,
42Wachse empor über unsere Leichen! —
43Vaterland höre den heiligen Eid. —

44Und nun wendet eure Blicke,
45Noch einmahl der Liebe nach,
46Scheidet von dem Blüthenglücke,
47Das der gift'ge Süden brach.
48Wird euch auch das Auge trüber —
49Keine Thräne bringt euch Spott.
50Werft den letzten Kuß hinüber,
51Dann befehlt sie eurem Gott!
52Alle die Lippen, die für uns beten,
53Alle die Herzen, die wir zertreten,
54Tröste und schütze sie, ewiger Gott! —

55Und nun frisch zur Schlacht gewendet,
56Aug' und Herz zum Licht hinauf!
57Alles Ird'sche ist vollendet,
58Und das Himmlische geht auf.
59Faßt euch an, ihr deutschen Brüder!
60Jede Nerve sey ein Held!
61Treue Herzen sehn sich wieder,
62Lebewohl für diese Welt!
63Hört ihrs! schon jauchzt es uns donnernd entgegen!
64Brüder! hinein in den blitzenden Regen!
65Wiedersehn in der bessern Welt!

(Körner, Theodor: Leyer und Schwerdt. Berlin, 1814.Aus: Haider, Thomas. A Large Annotated Reference Corpus of New High German Poetry. In: Proceedings of the 2024 Joint International Conference on Computational Linguistics, Language Resources and Evaluation (LREC-COLING 2024), S. 677–683, Torino, Italia. ELRA and ICCL. 2024.)

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Dieses Gedicht könnte aus folgender Literaturepoche stammen:
Author

Theodor Körner (1791-1813)

* 09/23/1791 in Dresden, † 08/26/1813 in Rosenow

männlich, geb. Körner

Tod in der Schlacht - im Einsatz getötet

deutscher Dichter und Freiheitskämpfer

(Aus: Wikidata.org)

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